Gedanken zum 125-jährigen Bestehen der Schützengesellschaft Kyburg 1872 - 1997
Beim Studium der Protokollbücher fällt auf, dass immer wieder im Zusammenhang mit politischen, wirtschaftlichen oder kriegerischen Ereignissen Gruppierungen gebildet wurden, die für eine Verbesserung der aktuellen Situation einstanden. So auch bei der Gründung der Schützengesellschaft im Jahr 1872. Nach nicht mehr genau nachvollziehbaren Überlieferungen steht eindeutig fest, dass auch schon früher (allenfalls nach dem Sonderbundskrieg) eine Organisation bestand, die der Wehrhaftigkeit diente und das Schiesswesen fördern wollte. Jedenfalls soll der letzte Schützenmeister, Jakob Bäbi, das Vereinsvermögen von ansehnlichen 150 Gulden dem Schulgut abgetreten haben. Soviel zum Vorgänger des jetzigen Jubilars.
Wieder war ein kriegerisches Ereignis an der Nordgrenze unseres Landes vorbeigezogen, das Sicherheitsbedürfnis angeregt und die Zeit reif zur Gründung der Schützengesellschaft Kyburg. Eine Organisation, die sich durch die Statuten sehr strenge, militärisch ausgerichtete Strukturen gab. Oberstes Ziel war aber immer die Schiesstätigkeit und den Umgang mit der Waffe zu üben. Daneben wurden auch Gefechtsschiessen und Kartenleseübungen durchgeführt. Die Kameradschaft wurde immer gepflegt und jährlich mindestens ein Schiessanlass besucht. Auffallend ist dabei festzustellen, dass des Öfteren Kontakte zu Stadtzürcher Vereinen gepflegt und gegenseitig Anlässe besucht wurden, dies zu Fuss, mit Fuhrwerk oder per Bahn. Ob diese Kontakte noch ein Nachspiel zur Schlossherrschaft waren, lässt sich nicht sicher belegen, ist aber doch als wahrscheinlich anzunehmen.
So verlief das erste Vierteljahrhundert des Vereinslebens relativ ruhig, abgesehen von häufigen Wechseln in Vorstand und Präsidium. Erwähnenswert ist noch das Jahr 1891. Aus Anlass der regen Festteilnahmen, wurde eine Fahne angeschafft, die Finanzierung schon damals durch Sponsoren sichergestellt. Das Geld war immer wieder ein Sorgenkind. Andererseits liess man sich 'nicht lumpen' und engagierte für ein Absenden des Endschiessens 1890 ein 6-Mann Musikkorps.
So ging das Jahrhundert ohne weitere Höhepunkte vorbei. Das Vereinsleben war nicht immer auf Höhenflug, musste doch bis 1904 zugewartet werden, bis der erste Sektionskranz an die Fahne geheftet werden konnte. Dann kamen einige erwähnenswerte Ereignisse. 1905 wurde ein Teil des kantonalen Feldschiessens durchgeführt. Auf siebzig Scheiben wurde geschossen, leider nahmen statt der erwarteten 700 Schützen nur deren 470 teil. Bereits 1913 fand der wohl grösste Schiessanlass auf Kyburger Boden statt. Ein Freischiessen an 5 Tagen mit einem Munitionsverbrauch von 16'470 Schuss - wahrlich eine währschafte Knallerei! Das finanzielle Ergebnis war zufriedenstellend und in der Folge wurde der Mitgliederbeitrag reduziert.
Leider bedurfte es dann wieder einer Katastrophe, die mit den Schüssen in Sarajewo begann und das Schiesswesen zuerst sehr einschränkte, in der Folge aber zum Bau einer neuen Schiessanlage mit einer Zugscheibenanlage am jetzigen Standort führte. Das Scheibenproblem war damit gelöst. Jedoch schoss man immer noch unter freiem Himmel, was die Frage nach einem Schützenhaus aktueller werden liess. Der Kauf eines Occasionsobjektes in Villmergen musste aus Kostengründen fallengelassen werden, auch ein Materialmagazin beim Schiessplatz fand keine Gnade. Endlich, 1934 mitten in der Krisenzeit, konnte dann ein eigentliches Schützenhaus eingeweiht werden. Dank der finanziellen Zusicherung der Familie Morf zur Übernahme der nicht durch Frondienst abgedeckten Kosten, konnte der Bau verwirklicht werden. Das Holz wurde von diversen Waldbesitzern gespendet und zur Säge und nachher zum Bauplatz geführt.
Wieder zogen düstere Wolken am Horizont auf und führten nach der legendären Landi 1939, eines Anlasses der sicher auch die Wehrhaftigkeit förderte, zum Beginn des Krieges im September dieses Jahres. An ein geordnetes Vereinsgeschehen war nicht mehr zu denken. Die Aktivdienstzeiten verunmöglichten eine geordnete Präsenz. Gratismunition gab es nur noch 18 Schuss pro Schütze und Kaufmunition war nicht mehr erhältlich. Schützenfeste gab es während dieser Zeit keine und nach dem totalen Chaos in Europa brauchte es noch einige Zeit, bis sich das normale Leben wieder einspielte. So ist es nicht verwunderlich, dass das 75-Jahr-Jubliäum 1947 in bescheidenem Rahmen durchgeführt wurde. Das folgende Vierteljahrhundert war durch geringe Vereinstätigkeit gekennzeichnet, mit einem absoluten Minusrekord von 12 Teilnehmern an der Generalversammlung von 1960. Und trotzdem sind Ereignisse zu meiden, die aus diesem Wellental herausragen, so die Einrichtung einer neuen Silenta Signalanlage im Jahr 1959, und die neue Fahne wurde 1965 eingeweiht. Mit einem Jubiläumsschiessen und einem Festakt wurde 1972 der 1 00ste Geburtstag der Gesellschaft gefeiert.
Aber auch am guten alten Schützenhaus gingen die Jahre nicht spurlos vorbei. Nachdem die Sicherheit und der Schallschutz nicht mehr genügten, beschloss die Gemeindeversammlung gegen eine nicht unbedeutende Opposition einen Neubau. Die Schützenstube wurde in Fronarbeit ausgebaut und bildete in der folgenden Zeit immer wieder einen beliebten Treffpunkt. Leider musste nur wenige Jahre danach das Ganze nach einem Wassereinbruch erneuert werden. Zum Glück bestand eine entsprechende Versicherung.
Die letzte wichtige Eintragung datiert vom Jahr 1996, nämlich dem Einbau einer elektronischen Trefferanzeigeanlage Sius Ascor.
Zum Schluss bleibt uns noch, der Schützengesellschaft Kyburg zum Geburtstag zu gratulieren und für die Zukunft viel Erfolg mit der Waffe zu wünschen, aber nicht minder in kameradschaftlicher Hinsicht. Möge der Umgang mit der Waffe in aller Zeit dem sportlichen Ehrgeiz dienen und für die Jugend ein vernünftiger Ausgleich bilden. Aber auch der älteren Generation sei für ihre Unterstützung in jeder Hinsicht gedankt.
Jakob und Hansruedi Wettstein
Chronisten
Die Präsidenten von 1872 bis heute
seit 2009 | Zberg Werner |
2001 - 2009 | Bosshard Walter |
1991 - 2001 | Bosshard Urs |
1987 - 1991 | Weiss Werner |
1971 - 1987 | Zberg Hans |
1967 - 1971 | Huber Werner |
1951 - 1967 | Bosshard Gottfried |
1945 - 1951 | Hafner Jakob |
1933 - 1945 | Würgler Jakob |
1926 - 1933 | Sauter Adolf |
1916 - 1926 | Müller Adolf |
1908 - 1916 | Hafner Jakob |
1906 - 1908 | Gut Rudolf |
1900 - 1906 | Zehnder Julius |
1896 - 1900 | Wettstein Jakob |
1894 - 1896 | Ochsner Johann |
1893 - 1894 | Würgler Salomon |
1888 - 1893 | Weiss lbert |
1885 - 1888 | Pfau Jakob |
1882 - 1885 | Schreiber Jakob |
1878 - 1882 | Nieth Rudolf |
1877 - 1878 | Bosshard Johann |
1875 - 1877 | Bollmann Gottfried |
1874 - 1875 | Wintsch Gottlieb |
1872 - 1874 | Hafner Heinrich |